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Mai 2009
21.05.2009 Handlungseinheit
21.05.2009 Vertrauensperson
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift selbstverständlich  und unverständlich
 

 
 
 Das gleichzeitige unerlaubte Ausüben der tatsächlichen Gewalt über mehrere Waffen oder Waffenteile bzw. Munition, auch wenn sie nicht unter dieselbe Strafbestimmung fallen, gilt als nur ein Verstoß gegen das Waffenrecht. (1)
 
 
 Das durch § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG geschützte Rechtsgut, das darin zu erblicken ist, dass im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG) Waffen der vorliegenden Art nicht an unberechtigte Personen überlassen werden sollen, ist in einem solchen Fall nicht beeinträchtigt. Denn das Scheingeschäft mit der Vertrauensperson schafft keine Gefährdungslage, die § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG verhindern will, oder hält eine solche aufrecht. Vielmehr soll das Scheingeschäft gerade verhindern, dass Waffen unter Missachtung der waffenrechtlichen Vorschriften in Umlauf kommen bzw. bleiben. Insoweit ist die Sach- und Interessenlage mit der vergleichbar, die bei der Lieferung eines Hehlers an eine Vertrauensperson gegeben ist (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 266). Hier wie dort kann in solchen Fällen regelmäßig eine weitere Beeinträchtigung des Rechtsguts ausgeschlossen werden. Danach ist, wenngleich die Verfügungsgewalt über die Waffe auf eine andere Person übertragen wurde, vorliegend das Tatbestandsmerkmal des „Überlassens“ im Sinne des § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG nicht erfüllt. (2)
 
 

 
Manchmal spricht der BGH Selbstverständlichkeiten aus (1), bei denen man sich fragt, warum sie überhaupt das hohe Gericht beschäftigen müssen ( Tabelle links oben), weil die natürliche Handlungseinheit ( § 52 Abs. 1 StGB) in Juristenkreisen eigentlich geläufig sein dürfte. Der Täter, der eine Pistole mit einem geladenen Magazin versteckt oder bei sich führt, fragt nicht danach, welche Strafe er für die Wumme und welche er für die Patronen kriegt.

Waffenrecht könnte so einfach sein:

du sollst keine Wumme haben,

schon gar nicht mit ihr in der Öffentlichkeit herumlaufen und

schon überhaupt nicht mit ihr in der Öffentlichkeit herumballern.

Statt dessen haben (Verwaltungsrechtler?) die §§ 51 und 52 WaffG und die Anlagen 1 und 2 geschaffen, die zwar logisch sind, aber weit entfernt von einer einfachen Handhabung oder Verständlichkeit.

Schon vor 30 Jahren hat ein Professor sinngemäß geschrieben, dass der Beschuldigte, der behauptet, einen (verkorksten) Paragraphen wirklich gelesen zu haben, immer einem straflosen Verbotsirrtum unterliegt ( § 17 StGB). Damals ging es um das unerlaubte Entfernen vom Unfallort oder einfacher: um die Unfallflucht ( § 142 StGB).
 

 
In derselben Entscheidung macht der BGH eine Wendung, die zunächst unüberlegt erscheint ( Tabelle links unten): Wenn ein Waffenbesitzer die Waffe an eine polizeiliche Vertrauensperson gibt oder verkauft, dann "überlässt" er sie nicht strafbarer Weise. Das folgert das Gericht daraus, dass der Gesetzgeber mit dem strafbaren Überlassungsverbot die Gefahr verhindern wollte, die der neue Besitzer zusammen mit der Waffe darstellen kann. Erfolgt der Waffenerwerb jedoch unter polizeilicher Aufsicht, so ist diese abstrakte Gefahr von vornherein ausgeschlossen.

An den anderen Strafvorschriften ändert sich dadurch nichts, vor allem nichts an den unerlaubten Waffenbesitzen.

Der Vermittler eines Waffengeschäftes, an dem eine polizeiliche Vertrauensperson beteiligt ist, kann sich jedoch nicht an einem strafbaren Verschaffen beteiligen, führt der BGH weiter aus, wohl aber an einer Beihilfe zum strafbaren Besitz (3).

Dadurch wird die Rechtsprechung nicht leichter.
 

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(1) BGH, Beschluss vom 05.05.2009 - 1 StR 737/08, Rn 5

(2) ebenda, Rn 9
 

 
(3) ebenda, Rn 12
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018