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Dezember 2009
19.12.2009 Menschenrechte
   
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Noch unlängst hat das BVerfG auf seine ständige Rechtsprechung zur  nachträglichen Sicherungsverwahrung hingewiesen (1), die nach den Regeln des Gesetzes nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommt ( § 66b StGB).

Dagegen hat der Europäische Gerichtshof am 17.12.2009 entschieden (2), dass diese Maßregel als strafrechtliche Rechtsfolge in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Strafurteil stehen müsse (3). Zwar ... sei die Sicherungsverwahrung vor Ablauf der Zehnjahresfrist "als Freiheitsentzug 'nach Verurteilung' durch ein zuständiges Gericht zulässig", aber, was die Sicherungsverwahrung über die Zehnjahresfrist hinaus angeht, erkannte das Gericht "keinen ausreichenden Kausalzusammenhang zwischen der Verurteilung des Beschwerdeführers und seinem fortdauernden Freiheitsentzug". Auch die von den Gerichten "festgestellte Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Freilassung weitere schwere Straftaten begehen könnte", war nach Ansicht der Richter "nicht konkret und spezifisch genug, um <Artikel 5 Abs. 1 lit c MRK> zu genügen".
 

 
Die Europäische Menschenrechtskonvention - MRK - ist nach deutschem Rechtsverständnis "einfaches" Bundesrecht und kein höherrangiges Verfassungsrecht. Zwischen dem BVerfG und dem EuGH schwelt deshalb ein ständiger Streit darum, wer in Bezug auf die Menschenrechte das letzte Sagen hat. Das BVerfG nimmt für sich die Auslegung und Ausführung der höherrangigen Grundrechte aus dem Grundgesetz in Anspruch.

Mit dem Meinungsstreit der hohen Gerichte ist der Rechtspraxis wenig geholfen. Wenn sie weiterhin der Spruchpraxis des BVerfG folgt, dann sind ständige Klagen vor dem EuGH vorprogrammiert. Das nicht ohne Grund, weil alle Anordnungen von nachträglicher Sicherungsverwahrung für die Betroffenen existenziell sind. Dagegen steht das Interesse der Allgemeinheit an dem Schutz vor unverbesserlichen Gewalttätern, das auch nicht von der Hand zu weisen ist.
 

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(1) BVerfG, Beschluss vom 05.08.2009 - 2 BvR 2098/08, - 2 BvR 2633/08

(2) EuGH, Case of M. v. Germany, Application no. 19359/04 vom 17.12.2009 (englisch)

(3) Peter Nowak, 50 000 Euro Schmerzensgeld für Serienstraftäter, Telepolis 17.12.2009
 

 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018