Schlaglichter aus der Welt der Schutztrutze und der Cybercrime 
		  
		  Hierzulande 
		wurde nach der aktuellen Piraterie-Studie der BSA
		  
		PC-Software im Wert von 6,7 Milliarden Euro eingesetzt - lizenziert 
		und bezahlt wurden aber nur Programme im Wert von 4,9 Milliarden Euro. 
		  (1)  
		
		  Überall 
		ist dasselbe Wehklagen zu hören. 26 % der in Deutschland eingesetzten 
		Software ist nicht lizensiert. 77 % der in China betriebenen Software 
		besteht aus Raubkopien und in den USA sind es immerhin nur 19 %. Ein Hoch 
		auf die Laptops, weil sie meistens mit vorinstallierten Programmen 
		ausgeliefert werden. Die Quellen der BSA-Studie sind mir jedoch nicht 
		ganz klar. 
		
		  Die 
		allenthalbe Krokodilstränen-Flut lässt den Blick darauf verschwimmen, wer eigentlich 
		klagt. Auf dem Musikmarkt sind es eher die 5 % Mainstreamer, die das 
		Sagen haben 
		  (2) 
		und denen die stimmlosen Gefolgsleute wegbrechen, die für ihr 
		Direktmarketing selber Abgaben zahlen müssen, obwohl sie eigentlich 
		profitieren sollten. So fällt es nicht immer leicht, die GEMA zu lieben   (3). 
		
		  100 Autoren 
		haben einen offenen Brief veröffentlicht, üben den Schulterschluss mit 
		den Verwertern und wehklagen ihre Sorge um
		  
		die öffentlichen Angriffe gegen das Urheberrecht. Das Urheberrecht 
		ist eine historische Errungenschaft bürgerlicher Freiheit gegen feudale 
		Abhängigkeit, und es garantiert die materielle Basis für individuelles 
		geistiges Schaffen 
		  (4).
		  
		In dem Aufruf wird erklärt, die Realitäten der Digitalisierung und 
		des Internets seien kein Grund, den Diebstahl von geistigem Eigentum zu 
		rechtfertigen oder gar dessen Legalisierung zu fordern. Stattdessen 
		müsse der Urheberrechtsschutz gestärkt und den einfachen 
		Zugangsbedingungen zu Produkten des geistigen Eigentums angepasst werden 
		  (5). 
		
		  Die Logik 
		finde ich toll: Wer die anlasslose Beabgabung auf Festplatten, DVDs und 
		andere schlichte Datenträger kritisiert, ist Monarchist oder Revanchist. 
		So sieht es jedenfalls der Kampfgefährte GEMA. 
		 
		
		
		  Der 
		Gegenwind ist heftig.
		  
		Unbekannte haben die Daten von Unterzeichnern eines Aufrufs "gegen 
		den Diebstahl geistigen Eigentums" im Internet veröffentlicht. Die 
		Aktion aus dem angeblichen Umkreis von Anonymous stößt auf scharfe 
		Kritik 
		  (6). 
		Mit Quellen und Belegen hat es CIO nicht so.
		  
		Auf einer Internet-Plattform zum Austausch von Dokumenten wurden in 
		vier Teilen Listen mit Namen, Geburtsdaten, Adressen und Telefonnummern 
		der Unterzeichner hochgeladen - unter ihnen prominente Schriftsteller 
		wie Charlotte Roche oder der Musiker Sven Regener, der die Debatte über 
		das Urheberrecht im März angestoßen hatte. Die Daten wurden teilweise 
		später wieder entfernt. Die Täter sollen aus dem Umkreis der Anonymous-Bewegung 
		kommen 
		  (7). 
		
		  Das ist 
		böse. Anonymous! Das ist Punk, das ist frech, fremd und bösartig. 
		Besonders dann, wenn der Gefangene nicht reden will 
		  (8). 
		Die Meldung bei Golem ist knapp, unbelegt und im Ergebnis nichtssagend - 
		und deshalb ärgerlich
		
		  (9). 
		 
		
		
		  Ich hatte 
		es schon im April gesagt, dass die Cyberkriminalität eigentlich 
		verschwunden ist  (10). 
		Das bestätigt jetzt - ein bisschen - die Polizeiliche Kriminalstatistik 
		- PKS - für 2011   (11). 
		Danach ist die Kriminalität im Zusammenhang mit dem "Tatmittel Internet" 
		um 10 % zurück gegangen. Eine Zahl lässt jedoch aufhorchen:
		  
		75,5 Prozent davon sind Betrugsdelikte, dabei ging es hauptsächlich 
		um gefälschte oder nicht gelieferte Waren   (12). 
		Das sind 167.787 registrierte Straftaten. Damit sind wir, wie ich es 
		vermutet hatte, beim Carding. Eine Aufklärungsquote nennt die PKS nicht. 
		In Anbetracht der üblichen Scheinidentitäten vermute ich, dass sie 
		schlecht ist. 
		
		  Damit 
		leiten wir über:
		  Einen 
		Rückgang um 16,2 Prozent auf 7021 Fälle weisen Straftaten im 
		Zusammenhang mit dem Urheberrecht auf – vor allem wegen eines "geänderten 
		Anzeigeverhaltens der Musikindustrie"   (13). 
		 
		
		
		  Von Heise 
		- und eben nicht CIO oder Golem -  ist man in der Tat besseren 
		Journalismus gewohnt. Hier geht es darum:
		  
		Ein russisches Start-up hat nach eigenen Angaben eine Methode 
		entwickelt, die Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material im 
		Bittorrent-Netz zu stören. Das System des Unternehmens "Pirate Pay" ist 
		angeblich in der Lage, den Download von bestimmten Dateien durch 
		Teilnehmer in dem Filesharing-Netz gezielt zu unterbinden. Ein erster 
		Feldversuch der Technik soll erfolgreich verlaufen sein 
		
		  (14). 
		Es lebe der Konjunktiv, wenn man sich nicht festlegen will. Vorsicht ist 
		bekanntermaßen die kleine Schwester der Porzellankiste. 
		
		  Bei einem 
		russischen Start-up werde ich schon hellhörig und ich frage mich, ob es 
		dort lautere Neugründungen überhaupt geben kann. Dann droht energisch 
		Kaspersky mit irgendetwas, was wie eine Zaunlatte aussieht. Na gut, 
		könnte man angesichts dessen meinen. 
		
		  Was kann 
		eine Software stören? Ist sie eine Malware, die auch legale Aktivitäten 
		beeinträchtigt? Welche Kollateralschäden sind zu erwarten? Solche Fragen 
		bleiben zunächst unbeantwortet. Vom Digital Rights Management - DRM - 
		rückt inzwischen sogar Sony zurück. Es nervt die Kunden, die zahlen, für 
		Miete statt für Eigentum, weil die teure Datei unter einem neuen 
		Betriebssystem oder nach Zeitablauf plötzlich Datenbrei ist. Vor vielen 
		Jahren sprach die c't von Un-CDs, weil die vermarkteten Musik-Scheiben allen 
		technischen Standards und damit dem, was ein Verkäufer DIN- oder ISO-gerecht 
		schuldet widersprachen. Recht hat die Zeitschrift aus Hannover gehabt. 
		
		  Ich rede 
		nicht gegen die Verfolgung von Profiteuren, die die Verbreitung von 
		Raubkopien zu ihrem Geschäftsmodell machen und damit kräftig Gewinn 
		machen. Das gilt auch für Textautoren und Musiker. Ich rede aber gegen 
		Verwerter, die die Sozialbindung des Eigentums völlig ignorieren und das 
		besonders dann, wenn lächerliche Bearbeitungen gemeinfreier Werke zu 
		neuen Schutzrechten führen sollen. So kann ich auch ein altes und 
		bekanntes Märchen unter dem Titel "Rotmützchen" als Bearbeitung 
		veröffentlichen. 
		
		  Ich rede 
		durchaus gegen die moderne Wegelagerei, die P2P-Angebote durchsucht oder 
		mit Suchalgorithmen nach geschützten Abbildungen sucht. Auch der 
		Cyberfahnder ist schon von heftigen Lizenzforderungen heimgesucht worden, 
		die bislang alle im Sande verlaufen sind. Man kann's ja 'mal probieren. 
		In einem Fall war ich unachtsam und habe einen Vergleich angeboten. 
		Darauf wollte sich eine renomierte Firma nicht einlassen und beauftragte 
		ein nicht weniger renormiertes Anwaltsbüro, das zunächst mit falschen  
		Behauptungen und weiteren Forderungen dohte - und dann ganz kleinlaut 
		und schließlich still blieb. Ein anderes Abmahn-Unternehmen wollte mich 
		wegen eines grafischen Zitats in Anspruch nehmen und hat dann ganz 
		schnell die Lust verloren. 
		 
		
		
		 
		  Adobe 
		Reader und Java bleiben Hauptangriffsziele, sagt Kaspersky
		
		  (15). 
		Derweil: 
		  
		Auf Reddit steht ein selbsterklärter Botnetz-Betreiber Rede und 
		Antwort zu Fragen der Leser
		
		  (16). 
		Dank der Übersetzungsfunktion bei Google kann man sein Gebrabbel sogar 
		etwas verstehen. Er ist ein kleiner Botnetzbetreiber mit etwa 10.000 
		Zombies. Damit macht er, was man so macht: Ein bisschen DDoS, ein 
		bisschen Spam und die geballte Rechenpower wird auch gerne zum 
		Generieren von Bitcoins eingesetzt, also für virtuelle 
		Verrechnungseinheiten auf der Basis von Rechenaufwand. Das funktioniert, 
		solange es dafür einen Markt und vor Allem eine Marktakzeptanz gibt
		
		  (17). 
		Sonst würden Bitcoins nicht auch geklaut werden
		
		  (18). 
		
		Überraschend ist, was er über andere Botnetzbetreiber sagt: Er glaube 
		nicht, dass viele von ihnen je einen Sourcecode selber "angefasst" oder 
		gar geschrieben hätten. Das mag für die Trittbrettfahrer seiner 
		Preisklasse sogar stimmen, die die Malware "out of the box", also im 
		fertigen Zustand kaufen. An die richtig Großen im Geschäft reichen 
		solche Möchtegerns und Greise unter den Script Kiddies nicht heran. 
		 
		
		
		  (1) 
		
		 
		Die neueste Hochrechnung von BSA und IDC, Computerwoche 15.05.2012 
		
		
		  (2) 
		
		 
		 
		Volker König, Die Fünf-Prozent-Gesellschaft, 
		Telepolis 14.05.2012 
		
		
		  (3) 
		Ebenda 
		
		
		  (4) 
		
		 
		Wir sind die Urheber! Gegen den Diebstahl geistigen Eigentums 
		
		
		  (5) 
		
		 
		 
		Urheberrechtsdiskussion: Künstler legen nach, Heise online 
		10.05.2012 
		
		
		  (6) 
		
		 
		Aktivisten fürs Urheberrecht unter Beschuss aus dem Netz, CIO 
		14.05.2012 
		
		
		  (7) Ebenda. 
		Ausführlicher:
		
		 
		  
		Thomas Pany, Namhafte Ahnungslose gegen ahnungslose 
		Anonyme, Telepolis 15.05.2012  
		
		
		  (8)  
		Jörg Thoma, Mutmaßliches Lulzsec-Mitglied bekennt sich 
		nicht schuldig, golem.de 15.05.2012 
		
		
		  (9) 
		Eine hübsche Bilderstrecke über die Aktivitäten von Anonymous & Co. gibt 
		es hier: 
		
		 
		Joachim Hackmann, Die Aktionen der Hacktivisten, 
		Computerwoche 18.05.2012 
		
		
		  (10)
		
		 
		Cybercrime - gibt es eigentlich nicht, 09.04.2012 
		
		
		  (11)
		
		 
		 
		BMI, Polizeiliche Kriminalstatistik 2011, BMI 
		14.05.2012 
		
		
		  (12)
		
		 
		  
		Stefan Krempl, Straftaten im Internet rückläufig, 
		Heise online 16.05.2012 
		
		
		  (13) 
		Ebenda
		  
		(12) 
		
		
		  (14)  
		  
		"Pirate Pay" will Urheberrecht im Bittorrent-Netz schützen, Heise 
		online 14.05.2012 
		
		
		  (15)
		
		 
		Frank Ziemann, Adobe Reader und Java bleiben 
		Hauptangriffsziele, PC-Welt 14.05.2012 
		
		
		  (16) 
		
		 
		 
		Bekenntnisse eines Botnetz-Betreibers, Heise Security 11.05.2012 
		
		
		  (17)
		
		 
		  
		Kontosperre durch Bitcoin-Lücke, Heise online 18.05.2012 
		
		
		  (18) 
		
		 
		  
		Bitcoin-Börse Bitcoinica ausgeraubt, Heise online 14.05.2012 
  
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