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Oktober 2008
01.10.2008 Sachverständigengutachten
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"Im Zweifel für ein nervenärztliches Gutachten über den psychischen Zustand des Angeklagten" könnte der Leitsatz von VRiBGH Clemens Basdorf zu sein (1). Er spricht sich, ungeachtet der damit verbundenen Kosten und Aufwände, für die Beauftragung von Sachverständigen aus, wenn kleinste Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit Kapitaldelikten zu Tage treten. Die Schwurgerichte tun im Interesse der Sachaufklärung gut daran, wenn sie in den meisten Fällen entsprechende Gutachten zur Vorbereitung der Hauptverhandlung in Auftrag geben. Die Sachaufklärung erfährt hierdurch in diesem Bereich auch unterhalb des unmittelbar erstrebten Beweisziels der Schuldfähigkeitsfrage nicht selten auch einmal Förderung durch Ermittlung wesentlicher strafzumessungsrelevanter Tatsachen, namentlich im Bereich einer Erforschung der Tatmotivation.

Gleich darauf schließt Basdorf an: Es wird hoffentlich niemand auf den Gedanken verfallen, in solcher Verfahrensweise eine Verschleuderung von finanziellen Mitteln und zeitlichen Ressourcen zu sehen.
 

 
Merkwürdig, genau dieser Gedanke war mir gekommen.

In dieselbe Kerbe schlägt er noch einmal: Wer die hier empfohlene Verfahrensweise als Überpsychologisierung von Schwurgerichtsverfahren kritisiert, muss sich die skeptische Frage gefallen lassen, ob nicht vielmehr er sich als Jurist bei der Sicherheit der Beurteilung existentieller Grenzfragen überschätzt.

Nichts gegen psychiatrische Gutachten, wenn Anknüpfungstatsachen bestehen, die zu ihrer Klärung mahnen. Psychologische Gutachten hingegen ersetzen tendenziell die Kernkompetenz forensisch erfahrener Juristen. Sie als Regelinstrument kann nur jemand fordern, der sich nicht mehr mit Tatsachen und ihrer Feststellung beschäftigt, sondern nur noch mit ihrer revisionsrechtlichen Begründungs- und Abwägungsbreite.

Die Beispiele, die Basdorf nennt, mahnen tatsächlich. Aus ihnen eine Verfahrensregel abzuleiten, halte ich hingegen für etwas fragwürdig.
 

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(1) Clemens Basdorf, Gebotene psychiatrische Begutachtung in Fällen auffälliger Besonderheiten in der Tat und/oder bei dem Täter, hrr-strafrecht.de Juni 2008
 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018