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Dezember 2009
25.12.2009 (Neufassung) Tatgenossen
     
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Nach § 27 Abs. 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar, wer (vorsätzlich) einem anderen zu dessen (vorsätzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Nach ständiger Rechtsprechung (...) ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsätzlich jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt dieses Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich (...). Es genügt, dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium fördert, wenn die Teilnahmehandlung mit entsprechendem Förderungswillen und -bewusstsein vorgenommen wird (...). Beihilfe zu einer Tat kann schließlich schon dadurch geleistet werden, dass der Gehilfe den Haupttäter in seinem schon gefassten Tatentschluss bestärkt und ihm ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit vermittelt (...). (1)
 
 

 
Wegen mehrerer Beteiligter an einer Straftat unterscheidet das Gesetz im wesentlichen zwischen dem Mittäter ( § 25 Abs. 2 StGB) und dem Gehilfen ( § 27 Abs. 1 StGB). Über die Abgrenzung zwischen beiden hat sich der BGH wiederholt geäußert (1). Danach macht sich der Gehilfe bereits strafbar, wenn er den Haupttäter objektiv fördert oder den Taterfolg erleichtert, ohne jedoch die Tat eigenhändig und mit Tatherrschaft auszuüben.

Die strafrechtliche Haftung des Gehilfen kann sich bereits auf das Vorbereitungsstadium beziehen, wenn der Täter die Tat später ausführt ( Akzessorietät). Nach der Beendigung der Tat ist die Beihilfe ausgeschlossen (2).
 


 
psychische Beihilfe
 

Schwierige tatsächliche Fragen stehen im Zusammenhang mit den Aspekten, die der BGH links unten anschneidet. Es geht dabei um die seit langem anerkannte "psychische Beihilfe", mit der sich der BGH 2008 erneut beschäftigt hat (3).

Eine strafwürdige Bestärkung setzt zunächst einen tatgeneigten Haupttäter voraus - wäre er noch völlig unentschlossen, würde es sich um eine Anstiftung handeln ( § 26 StGB). Sodann muss die geforderte Bestärkung über das Billigen der Tat hinaus gehen. Strafbar ist sie nur, wenn sie zu einer psychischen Beeinflussung des Haupttäters führt und die Tat fördert oder erleichtert. Dessen muss sich der Gehilfe zudem bewusst sein, weil eine nur fahrlässige Beihilfe nicht strafbar ist.

Eine fördernde Bestärkung hat der BGH zum Beispiel darin gesehen, dass ein Strafverteidiger einen zur Falschaussage entschlossenen Zeugen in die Hauptverhandlung einführt oder seinen Entschluss im 4-Augen-Gespräch mit der Äußerung fördert: "Das passt gut!" (4).

Die Förderung muss sich in Tatsachen äußern (5). Sie können auch aus subtilen Handlungen des Gehilfen bestehen, wenn er zum Beispiel ohne handgreifliches Handeln mit Gestik oder Körperhaltung das Opfer einschüchtert und damit die Tatausführung aus der Sicht des Haupttäters erleichtert.
 

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Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Beitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass dieser als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen (...). Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein; Durchführung und Ausgang der Tat müssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbeteiligten maßgeblich auch von seinem Willen abhängen. Dabei deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st. Rspr. ...). (6)
 

 
Der Mittäter hingegen hat nach seiner Vorstellung von der Tat Tatherrschaft. Er muss seinen Tatbeitrag als maßgeblich für den Taterfolg ansehen. Das ist auch der Fall, wenn es sich um eine mehraktige Straftat handelt und der Mittäter die Vorstellung hat, dass ohne seinen Beitrag der Taterfolg nicht erreicht werden kann.

Der Mittäter unterscheidet sich vom Gehilfen besonders dadurch, dass seine Tatbeiträge einzelne Tatbestandsmerkmale unmittelbar erfüllen oder für den Taterfolg nicht wegzudenken sind [conditio sine qua non (7)]. Er muss die Tat als eigene wollen.


 

 
Bedeutsam wird das in der aktuellen Diskussion wegen der Tatbeiträge beim Skimming und dort bei der Frage, welchen Tatbeitrag die nur mit dem Ausspähen von Kartendaten und PIN befassten Täter am Gesamtplan haben. Ohne ihre erfolgreichen Tatbeiträge lässt sich das abschließende Ziel nicht erreichen, durch den Missbrauch gefälschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion Beute zu machen (8). Sie sind in aller Regel Mittäter in einer Bande.

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Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Mittäter begeht, ist nach den gesamten Umständen des konkreten Falles in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür sind der Grad des eigenen Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung sowie die Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille hierzu, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr. ...). Zwar haftet jeder Mittäter für das Handeln der anderen nur im Rahmen seines - zumindest bedingten - Vorsatzes; er ist also für den Erfolg nur insoweit verantwortlich, als sein Wille reicht, so dass ihm ein Exzess der anderen nicht zur Last fällt. Jedoch werden Handlungen eines anderen Tatbeteiligten, mit denen nach den Umständen des Einzelfalles gerechnet werden muss, vom Willen des Mittäters umfasst, auch wenn er diese sich nicht besonders vorgestellt hat. Ebenso ist er für jede Ausführungsart einer von ihm gebilligten Straftat verantwortlich, wenn ihm die Handlungsweise seiner Tatgenossen gleichgültig ist (...). Dabei kann bei einem mehraktigen Geschehen Täter auch derjenige sein, welcher nicht sämtliche Akte selbst erfüllt. Es genügt, wenn er auf der Grundlage gemeinsamen Wollens einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet (...). (9) [Rn. 110]
 
 

 
Der Mittäter haftet jedoch nicht nur für seinen Tatbeitrag, sondern auch für die Handlungen der anderen, die dem gemeinsamen Tatplan folgen. Der BGH hat im Oktober 2009 nochmals deutlich gemacht (9), dass der Mittäter für die Handlungen der anderen als Täter haftet, wenn ihr Tun seinen groben Vorstellungen vom Tatplan und -ablauf entspricht.

Das gilt auch für vorhersehbare Abweichungen vom Tatplan und dann, wenn dem Mittäter die Handlungen seiner Tatgenossen gleichgültig sind. Nur für ihre unvorhersehbaren, über den Tatplan hinausschießenden Exzesse haftet er nicht.
 

 
zurück zum Verweis Haftung des Mittäters im Gesamtplan Fazit
   
 
Mittäterschaft kann selbst durch die bloße Beteiligung an Vorbereitungshandlungen begründet werden, sofern der Betreffende auf der Grundlage gemeinsamen Wollens einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet, welcher sich nach seiner Willensrichtung nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellt, und der dementsprechend die Handlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (...). Ob das der Fall ist, ist in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder der Wille zur Tatherrschaft sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich vom Willen des Betreffenden abhängen (...). (10) [Rn. 119]
 
 

 
Wiederholt hat der BGH auch, dass die Mittäterschaft schon mit der bloßen Beteiligung an einer Vorbereitungshandlung begründet wird. Deutliche Worte hatte das Gericht bereits 2008 im Zusammenhang mit der Beschaffung und Einrichtung eines Firmenmantels gefunden, den die anderen Mittäter für Betrügereien nutzten.

 
Die beiden zentralen BGH-Entscheidungen, die diesen Artikel veranlasst haben, können von ihrer Zielrichtung her nicht unterschiedlicher sein. Zitat (1) bremst die Strafverfolgung aus und führt sie auf den Weg des Augenmaßes zurück und Zitat (9) tritt sie sinnbildlich in den Allerwertesten und mahnt vor zu viel Zurückhaltung in unbequemen Entscheidungslagen.

Zu leicht unterschätzt wird der Allgemeine Teil des StGB. Die neuen Grundsätze zum Bandenrecht und die klaren Worte zur Verantwortung des Mittäters hat der BGH nicht aus den Besonderheiten einzelner Kriminalitätsformen abgeleitet, sondern aus den Vorgaben des materiellen Strafrechts. Sie lassen sich ungeachtet der kriminellen Erscheinungsformen anwenden.

Wichtig erscheint mir auch, dass die strafrechtliche Haftung bei der Beteiligung an der Vorbereitung mehraktiger Taten nicht nur auf Bandentäter, sondern grundsätzlich auf Tätermehrheiten anzuwenden ist.
 

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(1) zuletzt: BGH, Beschluss vom 23.12.2009 - 1 BJs 26/77-5 - StB 51/09

(2) siehe auch Dieter Kochheim, Der Hehler ist kein Stehler. Hehlerei und Absatzhilfe, 11.11.2009; Kap. Haupttat und Hehlerei

(3) BGH, Urteil vom 07.02.2008 – 5 StR 242/07, Rn. 15, 16

(4) BGH, Urteil vom 27.03.2009 - 2 StR 302/08, Rn. 34

(5) Geltung von Beweisen und Erfahrungen

(6) (1), Rn. 17

(7) in ganz lockerer Übersetzung: Bedingung, ohne die ist nicht.

(8) Siehe Zwischenbilanz: Skimming und Kochheim, Skimming, 12/2009.

(9) BGH, Urteil vom 28.10.2009 - 1 StR 205/09

(10) (9)
 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018