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Februar 2011
21.02.2011 Skimming
     
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  In arbeitsteiligen Skimmingbanden kann der Versuch des Fälschens bereits bei der Datenübermittlung beginnen.

 
Die schnelle zeitliche Abfolge wurde durch das eingespielte System von Tatbeiträgen gewährleistet, bei dem den in Italien sitzenden Mittätern die einzelnen Datenübersendungen jeweils avisiert wurden. Diese wussten dadurch bereits im Voraus, dass die Erbringung ihres eigenen Tatbeitrags unmittelbar bevorstand. Es bedurfte mithin keines neuen Willensimpulses bei einem der durch die Bandenabrede verbundenen Mittäter mehr, sondern die Angeklagten setzten mit der Weitergabe der Daten – was ihnen bewusst war – gleichsam einen automatisierten Ablauf in Gang, so dass auch unter dem Gesichtspunkt der konkreten nahen Rechtsgutsgefährdung ... die Annahme eines unmittelbaren Ansetzens geboten ist. Dass dem Beschreiben der Kartenrohlinge die Auswertung der Speichermedien durch Abgleich von Videoaufzeichnungen und ausgelesenen Kartendaten und die Übersendung der Daten nach Italien vorausgingen, stellt danach bei der gebotenen wertenden Betrachtung ... keine diese Annahme hindernden Zwischenschritte dar ... (1) <Rn. 8>
 

11-02-42 
Mit bemerkenswerter Ausführlichkeit hat der BGH die Rechtsprechung des Gerichts zum Beginn des Versuchs beim Skimming zusammen gefasst und dazu die bisherige Rechtsprechung im Zusammenhang gewürdigt (1). Das geschieht eher selten.

Das Ergebnis ist wenig überraschend: In einer arbeitsteiligen Skimming-Bande setzen die nur mit dem Ausspähen von Kartendaten und PIN befassten Mittäter zum Versuch des Fälschens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion ( § 152b StGB) an, sobald sie nicht nur die zum Ausspähen verwendeten Geräte gesichert und die gespeicherten Daten ausgelesen haben, sondern diese Daten an ihre (unbekannten) Mittäter (hier: in Norditalien) im Ausland übermittelten. Das erfordert jedoch, dass die Skimmer ("Ausspäher") damit rechnen, dass die Fälscher nach Erhalt der Daten ohne weiteres Zuwarten die ausgespähten Daten einander zuordnen (Kartendaten und PIN) und sogleich mit der Fälschung beginnen.

Erfreulich ist es, dass der BGH mit dieser Entscheidung auch die Frage nach den Zwischenschritten anspricht. Bei strenger Betrachtung der Fälschungstatbestände der §§ 152a, 152b StGB erfolgt das tatbestandliche Handeln erst mit dem Fälschen von Zahlungskarten selber. Die beiden Zwischenschritte nach dem Ausspähen - Übermittlung der Daten und ihre Auswertung - stellen jedenfalls dann keine hindernden Zwischenschritte dar, wenn die Täter gleichsam <in einem> automatisierten Ablauf zusammen wirken. Das konnte in diesem Fall besonders leicht deshalb festgestellt werden weil die Skimmer die Übermittlungen ankündigten und die Fälscher und Casher gleichsam "Gewehr bei Fuß" standen.
 

 
Die Entscheidung fügt sich in die Rechtsprechung der anderen Senate nahtlos ein.

Zunächst hatte der 2. Strafsenat über die reine Beschaffung von bedruckten, aber noch nicht individualisierten Kartenrohlingen zu entscheiden (2). Insoweit hatten die Täter zwar die Fälschung geplant, aber noch nicht zur Fälschung selber angesetzt. Der BGH erklärte deshalb, dass der Versuch erst mit dem tatsächlichen Fälschen selber beginnt und die Beschaffung von Rohlingen noch im Vorbereitungsstadium liegt.

Im Herbst 2010 meldete sich der 5. Strafsenat zu Wort (3). Er hob hervor, dass der Versuch der Fälschung nicht bereits beim Ausspähen der Daten einsetzt. Noch etwas vorsichtig führt er jedoch aus, dass der Versuch frühestens bei der Übermittlung der ausgespähten Daten an die Nachtäter beginnen kann.

Genau an dieser Stelle setzt die neue Entscheidung an. Im Einklang mit den beiden anderen Entscheidungen lässt sie den Versuch bei der Übermittlung beginnen, denn hier hätte die Weiterleitung der gewonnenen Daten nach der Vorstellung der Angeklagten bei ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen <Rn. 11>.

Das ist genau die Linie, die ich seit Ende Juli 2010 vertrete (4) und die im Arbeitspapier Skimming nachzulesen ist. Das Kapitel ist jetzt abgeschlossen!
 

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(1) BGH, Urteil vom 27.01.2011 - 4 StR 338/10

(2) Arbeitspapier Skimming #2, 02.03.2010;
BGH, Urteil vom 13.01.2010 – 2 StR 439/09.

(3)  Versuch beim Skimming, 02.10.2010;
BGH, Beschluss vom 14.09.2010 - 5 StR 336/10.

(4) Beginn des Versuch, 26.07.2010
 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018