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strafprozessuale Eingriffe 1
17.08.2008  
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift Untersuchung an der Person, medizinische Untersuchungen
 

 
strafprozessuale Eingriffsmaßnahmen

Untersuchung an der Person, medizinische Untersuchungen

Sicherstellung und Untersuchung von Beweisstücken
Datenerhebung, Datenauswertung
Personenbeweis
verdeckte Ermittlungen
öffentliche Fahndung
Freiheitsentziehung
vorläufige Sicherungsmaßnahmen
Anhang
 

 
Blutprobe
DNA-Identifizierungsmuster
DNA-"Reihenuntersuchung"
Erkennungsdienst
Fingerabdrücke ... von Dritten
körperliche Untersuchung
Leichenöffnung, Leichenschau
Lichtbilder
Messungen
molekulargenetische Untersuchung
Unterbringung zur Beobachtung
 
Anmerkungen

 
Die körperlichen und medizinischen Untersuchungen umfassen den Erkennungsdienst, die Inaugenscheinnahme und Manipulation am Körper des Betroffenen, die nur von einem Arzt durchgeführt werden dürfen, die Ermittlung genetischer Fingerabdrücke und schließlich die Leichenöffnung und deren Untersuchung.
 

zurück zum Verweis Blutprobe
 


Gemäß § 81a Abs. 1 StPO kann die Blutprobe dann angeordnet werden, wenn sie zur Feststellung von Tatsachen erforderlich ist, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Andere Beschränkungen wegen der Voraussetzungen sind nicht vorgesehen (1).

Zur Anordnung berechtigt sind das Gericht und bei GiV auch die Staatsanwaltschaft und die Polizei (1a).

Die Blutproben und Körperzellen müssen vernichtet werden, wenn sie für die Untersuchung nicht mehr benötigt werden.

Die Blutprobe darf nur von einem Arzt entnommen werden. Das Schamgefühl des Betroffenen ist wie bei jeder  ärztlichen Untersuchungshandlung zu wahren ( § 81d StPO).
 

 
Die meisten Anwendungsfälle betreffen Blutalkoholbestimmungen, Betäubungsmittelnachweise einschließlich Bestimmung von Abbaustoffen, Vergiftungen und die molekulargenetische Untersuchung (Bestimmung des DNA-Musters für Zwecke der strafrechtlichen Untersuchung).

zurück zum Verweis DNA-Identifizierungsmuster
 


Wegen Straftat von erheblicher Bedeutung oder solche, die sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung richten
(mindestens mittlere Kriminalität) darf gemäß § 81g StPO die Erstellung eines DNA-Identifizierungsmusters angeordnet werden genetischer Fingerabdruck) (3).

Diese Vorschrift fällt aus dem Rahmen der übrigen Eingriffsmaßnahmen heraus, weil sie nicht den Zwecken der aktuellen Untersuchung dient, sondern präventiv zur Erleichterung der Aufklärung künftiger oder bislang unaufgeklärter Straftaten. Sie erfordert einen gesteigerten Begründungsaufwand ( § 81g Abs. 3 StPO).
 

 
Die Entnahme und die Untersuchung der Körperzellen muss vom Gericht angeordnet werden (GiV wegen der Entnahme: Staatsanwaltschaft und Polizei).

Die Untersuchung ist beschränkt auf die Bestimmung des DNA-Musters und des Geschlechts. Sie muss von einem öffentlichen Sachverständiger durchgeführt werden.

zurück zum Verweis DNA-"Reihenuntersuchung"
 


Wegen der Aufklärung von Verbrechen ( § 12 StGB) gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung können die Strafverfolgungsbehörden mit der Genehmigung des Gerichts DNA-"Reihenuntersuchungen" durchführen, um Verdächtige auszuschließen und den Täter zu überführen.

Die Teilnahme an der Untersuchung ist freiwillig und kann nicht erzwungen werden.
 


Es bestehen besondere Anforderungen an die Begründung der Maßnahme. Ihr Zweck und die persönlichen Merkmale der Vergleichsgruppe müssen genau bezeichnet werden. Die mit ihr gewonnen DNA-Muster dürfen nur zu dem genehmigten Zweck verwendet und nicht etwa auch beim BKA gespeichert werden.

zurück zum Verweis Erkennungsdienst
 


Die erkennungsdienstliche Behandlung des Beschuldigten umfasst besonders die Fertigung von Fotografien, Abnahme von Fingerabdrücken und Erfassung besonderer körperlicher Merkmale (Tätowierungen, Narben, andere Besonderheiten).

Sie kann von der Polizei allein für die Zwecke des Erkennungsdienstes angeordnet werden ( § 81b StPO), ohne dass das Gesetz eine Beschränkung wegen der Schwere oder Art der Kriminalität vorsieht.
 

 

zurück zum Verweis Fingerabdrücke
 


Die Abnahme von Fingerabdrück beim Beschuldigten ist eine (typische) erkennungsdienstliche Maßnahme, die gemäß § 81b StPO von der Polizei angeordnet werden kann, ohne dass das Gesetz eine Beschränkung wegen der Schwere oder Art der Kriminalität vorsieht.
 


Fingerabdrücke von Dritten
können nach Maßgabe der Vorschrift über die Untersuchung Dritter abgenommen werden ( § 81 c Abs. 1, Abs. 2 StPO). Die Maßnahme ist zugelassen, soweit zur Erforschung der Wahrheit festgestellt werden muss, ob sich an dem Körper eine bestimmte Spur oder Folge einer Straftat befindet. Die Untersuchung muss zur Erforschung der Wahrheit unerlässlich sein.

Die Anordnung unterliegt dem Richtervorbehalt (GiV: Staatsanwaltschaft und Polizei). Die Anwendung von Zwang darf nur das Gericht anordnen (2).
 

zurück zum Verweis körperliche Untersuchung
 


Die körperliche Untersuchung des Beschuldigten ist auf Anordnung des Gerichts zulässig ( § 81a Abs. 1 StPO, GiV: Staatsanwaltschaft und Polizei). Sie dient zur Feststellung von Tatsachen, die für das Verfahren von Bedeutung sind und umfasst Untersuchungen am unbekleideten Körper und in den natürlichen Körperöffnungen.

Eine Beschränkung wegen der Schwere der Straftat ist nicht vorgesehen. Die Untersuchung muss von einem Arzt vorgenommen werden (siehe Blutprobe) und die dabei gewonnenen Blutproben und Körperzellen müssen vernichtet werden, wenn sie für die weitere Untersuchung nicht mehr benötigt werden.
 


Wegen der körperlichen Untersuchung von Dritten siehe Fingerabdrücke. Sie darf vom Gericht nur angeordnet werden, wenn es zur Erforschung der Wahrheit unerlässlich ist, dass festgestellt werden muss, ob sich an dem  Körper eine bestimmte Spur oder Folge einer Straftat befindet.

Bei GiV darf die Anordnung auch von der Staatsanwaltschaft oder der Polizei getroffen werden. Die Anwendung von Zwang darf jedoch nur vom Gericht angeordnet werden ( § 81c Abs. 6 StPO).
 

zurück zum Verweis Leichenöffnung, Leichenschau
 


Unbekannte Tote und Verstorbene mit unbekannter Todesursache müssen der Staatsanwaltschaft gemeldet werden ( § 159 Abs. 1 StPO), die über die Freigabe der Leiche entscheidet ( § 159 Abs. 2 StPO).

Wenn die Todesursache ungeklärt ist oder der Verdacht auf einen unnatürlichen Tod besteht, kann die Staatsanwaltschaft gemäß § 87 StPO die Leichenöffnung anordnen. Ist dazu die Ausgrabung erforderlich und soll eine bereits bestattete Leiche geöffnet werden, bedarf es einer Anordnung des Gerichts ( § 87 Abs. 3, 4 StPO). Vor der Leichenöffnung soll der Verstorbene identifiziert werden ( § 88 StPO).
 

 
Die Leichenöffnung erstreckt sich auf alle drei Körperhöhlen ( § 89 StPO) und muss von zwei Ärzten mit besonderen Anforderungen an ihre Qualifikation durchgeführt werden. Besteht der Verdacht auf eine Vergiftung, ist ein Chemiker beizuziehen ( § 91 StPO). Der letzte behandelnde Arzt kann wegen der Krankengeschichte beigezogen werden.

zurück zum Verweis Lichtbilder
 


Die Fertigung von Lichtbildern ist eine erkennungsdienstliche Maßnahme, die von der Polizei angeordnet werden kann ( § 81b StPO).
 

 

zurück zum Verweis Messungen
 


Die Durchführung von Messungen am Körper des Beschuldigten sind erkennungsdienstliche Maßnahmen, die von der Polizei angeordnet werden können ( § 81b StPO).
 

 

zurück zum Verweis molekulargenetische Untersuchung
 


Zur Feststellung der Abstammung oder der Tatsache, ob Spurenmaterial von dem Beschuldigten oder dem Verletzten stammt, kann das Gericht die molekulargenetische Untersuchung von Körperzellen und Blutproben anordnen (genetischer Fingerabdruck, § 81e StPO). Bei GiV dürfen auch die Staatsanwaltschaft und die Polizei die Anordnung treffen.

Die Anordnung muss schriftlich erfolgen und mit der Untersuchung muss ein öffentlich bestellter Sachverständiger beauftragt werden ( § 81f Abs. 2 StPO).
 

 
Die Untersuchung ist beschränkt auf die Bestimmung des DNA-Musters und des Geschlechts. Die Blutproben und Körperzellen müssen nach dem Abschluss der Untersuchung vernichtet werden.
 

zurück zum Verweis Unterbringung zur Beobachtung
 


Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten darf Gericht die Unterbringung zur Beobachtung anordnen ( § 81 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte muss der (rechtswidrigen) Tat dringend verdächtig sein. Eine Beschränkung wegen ihrer Schwere ist nicht vorgesehen.

Die Unterbringung darf nicht länger als 6 Wochen dauern.

 
Die Unterbringung nach § 81 StPO ist keine Sicherungsmaßnahme wie die einstweilige Unterbringung gemäß § 126a StPO.

zurück zum Verweis Anmerkungen
 


(1) Wegen jeder Eingriffsmaßnahme gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz;
Verhältnismäßigkeit (BVerfG),
Verhältnismäßigkeit (Amtshaftung)

(1a) Wegen der polizeilichen Anordnung bei GiV siehe BVerfG. Interessante Nebenentscheidungen.

(2) siehe Zwangsweise Abnahme von Fingerabdrücken beim Dritten

(3) siehe Desorptions-Sprüh-Ionisierung
 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018